#ULD #Facebook: Die Debatte geht weiter – muss weitergehen!

Die Debatte bezüglich des Vorstoßes des ULD hinsichtlich der möglichen Verfolgung von Datenschutzrechtsverletzungen aufgrund der Verwendung von Facebook Social PlugIns oder Fanpages nimmt weiter an Fahrt auf.

So hat der Kollege Stadler einen dem Grund nach sehr lesenswerten Artikel mit dem Titel „Wie geht es weiter mit dem Datenschutz?“ verfasst. Darin wird – zu recht – problematisiert, dass das bestehende Datenschutzrecht den Anforderungen an die technischen Gegebenheiten in einer globalisierten Welt kaum noch Rechnung tragen kann; sprich veraltet ist. Allerdings stellt der Kollege Stadler dabei auf die dezentrale Struktur des Internets ab. Dies ist meines Erachtens wiederum eine Position, die gerade dabei ist, sich selbst zu überholen. Während das Internet zunächst eine deutliche Dezentralisierung erfahren hat, geht es nun wieder in die gegenteilige Richtung. „Die stille Privatisierung öffentlicher Güter im Web 2.0“  und damit auch eine Zentralisierung nehmen deutlich zu. An dieser Stelle spare ich mir weitere eigene Worte und möchte voll umfänglich auf die Präsentation „Das Internet ist dezentral. Und andere gefährliche Mythen“ von Sebastian Deterding, vorgestellt auf der re:publica 2010, verweisen. Von Deterding stammt auch das vorgenannte Zitat: „Die stille Privatisierung öffentlicher Güter im Web 2.0“ ist der Titels eines Vortrags aus der Veranstaltungsreihe „Aktuelle Entwicklungen im Web 2.0“ des Hans-Bredow-Insituts für Medienforschung aus November 2008 (!).

Auch diese Überlegung, Entwicklung und Tatsachen müssen in der Diskussion um den Datenschutz eine Rolle spielen, damit die Diskussion wirklich „farbig“ wird, wie der Kollege Stadler fordert.

Denn unabhängig von der Frage, ob nun Webseitenbetreiber für die Datenschutzverletzungen heranzuziehen sind (so die Rechtsauffassung des ULD) oder nicht (so bspw. der Kollege Ferner oder der Kollege Nico Härting, der das Vorgehen des ULD gar für verfassungswidrig hält.), bleibt die Problematik bestehen, dass derzeit kein Mensch weiß, was Facebook & Konsorten mit dem unheimlichen Datenvolumen anfängt. Auch deswegen greift das gern gehörte Argument „Ich melde mich doch bei Facebook im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte an“ nicht. Niemand kann das. Denn Facebook (wie die meisten anderen privaten Konzerne) klärt nicht hinreichend über den Umgang mit den Daten auf.

Deswegen ist die nun im Raum befindliche Diskussion wichtig. Es ist ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass wichtige Formen der digitalen Grundversorgung wie Suchmaschinen und Soziale Netzwerke (um das Wort von Deterding auch dafür zu benutzen) von einigen wenigen privaten Internetfirmen bereitgestellt werden.

Ja, zugegeben, es ist schwierig – vielleicht sogar unmöglich – global geltende Standard für den Datenschutz durchzusetzen. Aufgrund dessen jedoch sogleich die Anforderungen an den Datenschutz herabzusenken zu wollen, ist meines Erachtens der falsche Weg.

Denn eine Selbstverpflichtung wie „Don’t be Evil“ reicht für die Gewährleistung einer Grundversorgung nicht.

Datenschutz ist und bleibt immens wichtig! Und staatliche Stellen (wer sonst?) haben dafür Sorge zu tragen, dass Mindeststandards durchgesetzt werden.

Nein, das heißt nicht, dass ich die Vorgehensweise des ULD befürworte. Wie Stadler richtig sagt, wird auf den Sack geschlagen, obwohl der Esel gemeint ist.

Doch die Diskussion bleibt wichtig. Und vielleicht wird im Zuge dessen endlich das Gesetzesvorhaben der „Roten Linie“, welches direkt auf FB & Co abzielen würde, einmal vorangebracht.

In diesem Sinne,

auf weitere Diskussionen!

Über RA'in Nina Diercks

Rechtsanwältin Nina Diercks (M.Litt, University of Aberdeen) führt die Anwaltskanzlei Diercks in Hamburg, ist beim Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein anerkannte Sachverständige für IT-Produkte (rechtlich) und steht gern und oft als Referentin auf der Bühne sowie als Interviewpartnerin und Gastautorin zur Verfügung. Dazu hat sie im Jahr 2010 diesen Blog ins Leben gerufen. Mehr
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11 Antworten zu #ULD #Facebook: Die Debatte geht weiter – muss weitergehen!

  1. Thomas Werning schreibt:

    Hallo,

    „Auch deswegen greift das gern gehörte Argument „Ich melde mich doch bei Facebook im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte an“ nicht. Niemand kann das. “

    Ich find schon. Ich weiss das facebook (odere andere Dienste) alle meine Veröffentlichungen dort speichern, das ist letztlich deren Aufgabe. Schon aus Eigennutz werden diese damit Vorsichtig umgehen da Ihnen der „Wert“ dieser Daten durchaus bewusst ist.
    Würde facebook mit diesen Daten gegen den Willen der meisten Nutzer etwas unternehmen wären die Nutzer weg und die Daten sehr schnell veraltet und wertlos.

    Wenn man dies berücksichtig und daber im Auge hat, dass die Daten dort IMMER öffentlich sind oder sein könnten, und entsprechend nur solche DAten veröffentlicht stellt es meiner Meinung nach keine Gefahr dar.

    Insofern halte ich meine geistigen Kräfte für ausreichend ;-)

    Viele Grüße
    Thomas Werning

    • Social Media Recht schreibt:

      Hallo Herr Werning,

      ich wollte niemandem absprechen, im Vollbesitz der geistigen Kräfte zu sein. ;-) Natürlich müsste es heißen: Niemand kann voll umfänglich absehen, was mit den eigenen Daten passiert. Ihr Gott-/FB/Unternehmens-Vertrauen möchte ich gerne haben. Habe ich aber nicht. In erster Linie handelt es sich um Konzerne. Und Konzerne sind dem Unternehmenserfolg verpflichtet und nichts anderem sonst. FB unternimmt oft genug Sperenzchen mit den Daten, die nicht gewollt sind. Von mir jedenfalls nicht. Hinterher, wenn der Aufschrei laut genug war, dann gibt es unter Umständen eine Änderung in den Datenschutz-Optionen. Auf die allerdings öffentlich sicher nicht von FB hingewiesen wird.

      Nein, wie gesagt, der Gute Glaube an den guten Unternehmer darf hier meines Erachtens nicht die Schranke sein, an dem der Datenschutz gemessen wird.Aber darüber kann man naturgemäß geteilter Meinung sein. :-)

      Beste Grüße
      ND

  2. Thomas Werning schreibt:

    Hallo,

    „Nein, wie gesagt, der Gute Glaube an den guten Unternehmer darf hier meines Erachtens nicht die Schranke sein, an dem der Datenschutz gemessen wird“

    Ja, ich denke da sind wir bestimmt auch gar nicht soweit voneinander entfernt.
    Ich glaube nicht an das Gute in facebook (ich glaube aber auch nicht, dass Unternehmen pauschal böse sind).

    Bei allen Veröffentlichungen vertraue ich weder der Technik (die facebook oder andere aufbringen) noch habe ich die Illusion das es eine Sicherheit geben könnte.
    Genau deshalb überlege ich mir VORHER was ich in sozialen Netzwerken veröffentliche und das kann dann halt jeder lesen, speichern und zusammenführen.

    Es gibt doch aber auch keinen technischen Schutz den facebook einführen könnte um zu verhindern das nicht jemand aus meinem engsten „Freundes“kreis diese Veröffentlichung nimmt und ausserhalb des von mir gewünschten Kreises veröffentlicht. Wenn ich das verhindern möchte bleibt mir nur die Veröffentlichung zu unterlassen (was ich auch oft genug mache).

    Insofern bedeutet Datenschutz für mich auch selbstbestimmtes Handeln was voraussetzt selbst zu überlegen und zu entscheiden.
    Bei facebook habe ich als Verbraucher die Wahl ob und was ich dort veröffentliche – als „angeblich“ mündiger Bürger habe ich diese Wahl sehr häufig gegenüber dem Staat nicht mehr.

    Und da sehe ich die Gefahr, dass die Datenschützer auch in Ihrer Aufgabe als Schützer für die Bürger gegen die Datenerhebung durch den Staat nicht mehr erntsgenommen werden.

    Viele Grüße
    Thomas Werning

  3. manganite schreibt:

    Müsste man nicht, bevor man sich an eine Änderung/Anpassung von bestehenden Gesetzen und Vorschriften macht, einen gesellschaftlichen Konzens darüber finden, was in der heutigen Zeit noch schützenswerte persönliche Daten sind? Geht es um Facebook, wird sicher eine große Mehrheit in einer Umfrage sagen, die sind „böse“ und missbrauchen meine Daten, nur um viel mehr Daten bei der nächsten Rabattaktion im Supermarkt um die Ecke von sich preis zu geben.

    Will sagen, wenn man die Leute direkt auf Datenschutz/-missbrauch anspricht, sind sie sehr alarmiert, haben aber letztlich praktisch gar keine Probleme damit, wenn sie eine persönlichen Vorteil darin sehen, fast beliebige Daten von sich weiterzugeben. Sprich sollte man sich nicht bei den gesetzlichen Regelungen mehr an dem tatsächlichen Verhalten der Menschen orientieren, als wie an Ängsten und Bedenken, die meist aus Unwissenheit hervorgehen?

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