Tweets, Twitpics & das Urheberrecht

Während ich auf Vorträgen stets deutlich darauf hinweise, dass Kurznachrichtendienste wie Twitter nebst den dazugehörigen Bilderdiensten nicht ohne einen rechtlichen Gedanken zu nutzen sind, habe ich dieses Thema hier im Blog doch eher am Rande anderer Beiträge behandelt. Dies soll heute einmal anders sein und Tweets & Twitpics ganz im Vordergrund stehen. Dies ist nicht ganz ohne aktuellen Aufhänger, denn erst letzte (oder gar schon vorletzte?!) Woche raste die Meldung, dass der Dienst twitpic sich per AGB ein umfängliches Nutzungsrecht an den hochgeladenen Bildern einräumen lässt, durch die Timeline.

Twitter & Tweets

Doch zurück auf Start. Fangen wir mit Twitter und dem ganz einfachen Tweet an. Davon abgesehen, dass ebenso wenig wie in natura per Tweet beleidigt und verleumdet werden darf, gilt selbstverständlich auch hier das Urheberrechtsgesetz. Sprich, erreicht ein Text, auch wenn er nur 140 Zeichen lang ist, die sog. „notwendige Schöpfungshöhe“, genießt dieser den Schutz des Urheberrechtsgesetzes.

Nun kann man darüber streiten, ob ein einzelner Tweet mit doch nur 140 Zeichen eine solche Schöpfungshöhe überhaupt erreichen kann. Der Kollege Dr. Ulbricht  ist der Auffassung, dass dies grundsätzlich nicht der Fall ist. Aber ist nicht schon im Aphorismus der Gedanken auf  dem Sprung (46 Zeichen)? Und sagt mir nicht das verschüttete Wissen aus dem Deutsch-Leistungskurs, aufgefrischt durch den entsprechenden Wikipedia-Eintrag, dass solche Aphorismen eine eigene Prosagattung seien? Und wer schon einmal wegen einer „Tiny Tale“  herzlich gelacht oder tief berührt war, der kann „ein hinreichendes Maß an individueller Gestaltung“ und damit den Urheberrechtschutz auch für 140 Zeichen nicht per se verneinen.

Doch auch wenn Tweets wie „Auf dem Weg zur Social Media Konferenz in Hamburg. Wer ist noch da?“ und ähnliche mangels Schöpfungshöhe sicher nicht urheberrechtsschutzfähig sind, hat sich der Kollege Dr. Ulbricht weiter mit der interessanten Frage befasst, ob ein Twitter-Stream (die Nachrichtenabfolge eines Account-Inhabers) nicht als Datenbank im Sinne des § 87a UrhG anzusehen sind und darüber Schutz genießen könnten.

Damit Twitter sich gar nicht erst mit diesen und anderen Fragestellungen herumschlagen muss, lässt sich der Dienst via der „Terms of Services“ (AGB)  so gleich ein umfassendes Nutzungsrecht einräumen. So heißt es dort:

„Der Benutzer behält die Rechte auf alle, von ihm in den Services eingetragenen oder angezeigten Inhalte. Durch die Übermittlung, Veröffentlichung und/oder Anzeige von Inhalten in den Services räumt der Benutzer Twitter die nicht-exklusive, gebührenfreie und weltweite Erlaubnis ein (einschließlich dem Recht auf Erteilung von Unterlizenzen), diese Inhalte in sämtlichen, jetzt bekannten oder später entwickelten Medien oder Vertriebsmethoden zu benutzen, zu kopieren, zu vervielfältigen, zu verarbeiten, anzupassen, zu verändern, zu veröffentlichen und zu übertragen.“

Während es also bekannt ist, dass Facebook sich bei der Anmeldung eine solch umfängliche Rechteeinräumung zugesteht, ist das Wissen darüber, dass Twitter dies ebenso macht, doch recht wenig verbreitet.

Man denke nur an das jetzt erscheinende Schriftwerk „Auf die Länge kommt es an“, welches eine Sammlung der tiny_tales darstellt und in Kürze im Buchhandel erhältlich sein wird.  Twitter hätte  dieses Buch ebenso herausgeben können (und könnte es auch jetzt noch!) und zwar ohne, dass hierfür irgendeine Lizenz an den Urheber gezahlt werden müsste:

„Die Nutzung aller durch den Benutzer beigetragenen, hochgeladenen, übertragenen oder anderweitig zur Verfügung gestellten Inhalte durch Twitter oder durch andere Unternehmen, Organisationen oder sonstige Partner von Twitter, ist ohne Anspruch auf Entschädigung für den besagten Inhalt gestattet.“

Die Problematik, dass diese AGB meines Erachtens in Deutschland rechtsunwirksam sind und damit eine Berufung auf diese Lizenz seitens Twitter wenig erfolgversprechend, lassen wir nun einmal beiseite – sonst wird der Artikel zu lang. Schließlich wäre dann auch noch die praktische Frage zu stellen, was unwirksame AGB in der Praxis für den Urheber bedeuten würden…

Das Vorstehende sollte nun wahrlich niemanden davon abhalten, zu twittern – doch einen Gedanken sollte man an diese „Tatsache“ schon einmal verschwenden.

Twitpics & Twitter

Des Weiteren sollten nicht vollkommen unbedarft Bilder mit dem Smartphone aufgenommen und via Twitpic (u. a.) der Öffentlichkeit dargeboten werden. Dies aus zweierlei Gründen.

AGB von Twitpic

Zum einen hat Twitpic Anfang Mai seine AGB noch einmal ausdrücklich dahingehend geändert als nun auch hier eine umfassende Lizenzeinräumung bei Hochladen des Bildes stattfindet. Kurz und sehr anschaulich ist diese Thematik bei den Kollegen aus Berlin, Schwenke & Dramburg, mit weiteren Hinweisen besprochen worden, so dass ich hier gerne verweise.  Ebenso wie ich halten die Kollegen im Ergebnis die Klausel nach dem deutschen Recht für unwirksam.

Die große Aufregung, die mit dieser AGB-Änderung, bzw. dem Bekanntwerden,  dass Twitpic Nutzer-Fotos (von Prominenten) doch tatsächlich an Vermarkter veräußert hat (vgl. SPON) einherging, habe ich jedoch nicht ganz verstanden. Ich war vielmehr, als ich mich vor kurzem mit der Thematik beschäftigte,  verwundert, dass eine ausdrückliche Lizenzregelung in den AGB von Twitpic – im Gegensatz zu Twitter – fehlte. Dort hieß es bis vor Kurzem nur:

“By uploading your photos to Twitpic you give Twitpic permission to use or distribute your photos on Twitpic.com or affiliated sites.”

Ich fürchte es war schlicht ein „Versehen“, dass hier eine ausdrückliche Regelung fehlte. Denn dass Twitpic im Gegensatz zu Twitter keine Rechte an den hochgeladenen Inhalten halten wollte, hielt ich für, nunja, fernliegend. Und dieses „Versehen“ ist nun schlicht mit den neuen AGB von Twitpic und der umfassenden Lizenzeinräumung „behoben“ *ironieaus. Zu Gültigkeit dieser AGB-Klausel nach deutschem Recht siehe oben.

Twitpic & Persönlichkeitsrechte

Zum anderen sollte beim Upload von Bildern mit Menschen nicht vergessen werden, dass jedenfalls hierzulande bei der Veröffentlichung eines Abbilds einer Person deren Persönlichkeitsrecht berührt ist und eine solche Veröffentlichung nur bei Einwilligung der abgebildeten Person erfolgen darf. Also schnell den Referenten bei einer Veranstaltung fotografiert und getwittert, kann zwar eine gute Idee sein, aber auch bös enden.  Zu dieser Thematik habe ich mich aber auch im Artikel Rechtliche Hinweise zum Bloggen III: Lichtbildwerke und andere „Aufmacher„, so dass ich hier einfach verweisen möchte.

Fazit:

Think before you tweet!

Über RA'in Nina Diercks

Rechtsanwältin Nina Diercks (M.Litt, University of Aberdeen) führt die Anwaltskanzlei Diercks in Hamburg, ist beim Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein anerkannte Sachverständige für IT-Produkte (rechtlich) und steht gern und oft als Referentin auf der Bühne sowie als Interviewpartnerin und Gastautorin zur Verfügung. Dazu hat sie im Jahr 2010 diesen Blog ins Leben gerufen. Mehr
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29 Antworten zu Tweets, Twitpics & das Urheberrecht

  1. Carsten Ulbricht schreibt:

    Hallo Frau Kollegin,

    vielen Dank für den freundlichen Hinweis auf meinen Blogbeitrag.

    Mir ist natürlich klar, dass man die Frage nach der Schöpfungshöhe für ganz wenige Tweets in entsprechenden Einzelfällen diskutieren kann. Wenn man sich aber so die Rechtsprechung anschaut, wird man zu dem Ergebnis kommen müssen, dass in den allermeisten Fällen eine Schöpfunghöhe nicht angenommen werden kann.

    Da es mir in meinem Blog vor allem darum geht, auch rechtliche Laien über die vorherrschenden rechtlichen Grundsätze (und nicht so sehr äußerst seltene Ausnahmen) aufzuklären, versuche ich zu vermitteln, dass die Annahme eines urheberrechtlichen Schutzes eigentlich ausgeschlossen werden kann. Sonst wird man bei einigen rechtlichen Laien möglicherweise eine falsche Erwartungshaltung an die Schutzfähigkeit von Tweets wecken…

    Unabhängig davon finde ich es gut, dass Sie dieses spannende Thema hier noch einmal aufgreifen.

    Ansonsten sende ich freundliche Grüsse nach Hamburg und hoffe, dass man sich bei der ein oder anderen Gelegenheit mal wieder über den Weg läuft.

    Beste Grüsse
    CU

    • Social Media Recht schreibt:

      Hallo Herr Kollege,

      und wie ich schrieb, ist mir – und damit hoffentlich auch dem Leser – klar, dass die banalen Alltags-Tweets nicht urheberrechtsschutzfähig sind. Und ebenso wie Ihnen geht es mir nur darum, dem Laien plastische Beispiele zu liefern. Und gerade zusammen mit der Verlinkung zu Ihrem Beitrag sollte die Rechtslage allen verständlich sein…:-)

      Ganz herzlich Grüße zurück nach Stuttgart & ich bin sicher, wir werden uns bald mal wieder über den Weg laufen.

      Bis dahin!
      ND

  2. RA Niemeyer schreibt:

    Schamlose Eigenwerbung: Die interessierten Laien finden die Frage nach dem urheberrechtlichen Schutz kurzer Sprachwerke in meinem Beitrag zur Schöpfungshöhe von Tweets anhand grundsätzlicher Gesichtspunkte sowie «historischer Beispiele» etwas vertieft behandelt:

    http://anwaltniemeyer.de/artikel/260/2010

    • Social Media Recht schreibt:

      Die schamlose Eigenwerbung wurde umgehend genehmigt. Dazu wird sie noch mit einer diesseitgen Leseempfehlung versehen, da die „historischer Beispiele“ doch zum Teil sehr amüsant sind… Seht selbst!

  3. Tobias schreibt:

    Danke für den Post. In Twitter und dessen Umgang mit meinen Tweets habe ein gewisses Vertrauen – aber wie sieht es mit der Verwertung meiner Tweets durch Dritte aus, die nicht von Twitter autorisiert sind?

    Die Twitter-Screenshotfrage: Darf jmd. einen Screnshot mit meinem Tweet auf seinem Blog veröffentlichen, wenn er artig zu diesem Tweet verlinkt und mich als Urheber nennt? Wenn nein, kann ich dagegen vorgehen, oder nur Twitter (als Anbieter der Plattform, von der dieser Screenshot gemacht wurde)?

    • Social Media Recht schreibt:

      Hallo Tobias,

      diese Rechtsfragen muss ich an dieser Stelle wie folgt beantworten: Sowohl in meinem Blog als auch in Gastbeiträgen wie bspw. bei http://hrinside.de oder auf http://www.karrierebibel.de stelle ich – sehr gerne – etliche Informationen unentgeltlich zur Verfügung. Auch beantworte ich allgemeine Fragen gerne einmal hier im Blog – sofern dies in aller Kürze möglich ist. Das ist bei der vorliegenden Frage schon deshalb schwierig, weil es jeweils stark einzelfallabängig ist. Darüber hinaus bin ich auch Rechtsanwältin, die mit der Beratung in dem Bereich des Social Media Rechts ihr Einkommen bestreitet. Abgesehen davon, dass berufsrechtliche Regelungen einer konkreten kostenlosen Rechtsberatung entgegenstehen, bitte ich deswegen um Verständnis, dass ich derartige spezifische Fragestellungen nicht einfach ohne konkreten Beraungsauftrag beantworten kann. Oder beratet ihr bei ****** (aus datenschutzrechtlichen Gründen geschwärzt) auch gerne kostenlos? ;-)

      Schöne Grüße von
      Nina

      • Tobias schreibt:

        Bei ****** wechseln sich schamlose Eigenwerbung und kostenlose Beratung ab. ;)

        Ich wollte natürlich keine persönliche Rechtsberatung – noch weniger Dich in Schwierigkeiten bringen. Die Frage ist irgendwie nur die „alltäglichste“ der Problematik und wurde schon öfters in anderen Blogs diskutiert. Wenn auch mit uneinheitlichen Ergebnissen. Tzdm Danke für die ausführliche Antwort.

        Viele Grüße zurück!

  4. RA Thomas Schwenke schreibt:

    Ich schließe mich den Komplimenten vom Kollegen Ulbricht an und wollte eigentlich schon eher ein Dankeschön verfassen, da ich die Beiträge hier überaus gerne lese und den entspannten Schreibstil sehr schätze! Ich freue mich schon auf die kommenden Artikel!

  5. frank schreibt:

    Ich bin mal gespannt, wann der erste in eine Ecke scheißt und sich das Urheberrechtlich schützen lässt. Die Schöpfungshöhe ist bestimmt so 1-2cm.

    Man sollte aufhören zu versuchen von jeder Idee sein Leben lang profitieren zu können. Auch kann man nicht alles was man so produziert schützen und kontrollieren. Habt einfach mehr Idee und man muss nicht jeder hinterher laufen, nur weil einer was draus macht…

    Wo soll denn dies enden? Jedes Wort, jeder Laut muss vorher geprüft werden, ob nicht schon mal einer so einen Hirnfurz hatte. Dann nachfragen ob man darf, evtl. zahlen und los geht es. Schöne Zukunft die garantiert der Kreativität schadet.

    • Social Media Recht schreibt:

      Hallo Frank,

      vielen Dank für den Kommentar. Diese Meinung kann man haben, auch wenn ich – und sicherlich einige anderer meiner Leser – diese nicht teilen. Ich würde doch künftig aber drum bitten wollen, die Wortwahl etwas anders zu treffen. Denn Fäkalsprache finde ich hier eher weniger schön. Derartige Kommentare werden dann nicht freigeschaltet bzw. gelöscht.

      Herzlichen Dank
      ND

  6. Pingback: t3n-Linktipps: Twitpic und Urheberrecht, Menschen statt Maschinen, Kühe zum Fangen und mehr » t3n News

  7. Kruno Kopp schreibt:

    Wenn schon Werbeslogans in Ausnahmefällen Urheberrechtsschutz genießen können, obwohl sie meistens nur aus ein paar wenigen Wörtern bestehen, muss das auch für Tweets gelten, zumal es bei Twitter auch um Werbung in eigener Sache geht. Hinreichend Beispiele für Sprachperlen auf 140 Zeichen dürfte es geben. Ich bin also ganz Ihrer Ansicht.

    Chapeau übrigens für das Design Ihre Blogs – sieht super aus!

    Schöne Grüße aus Stuttgart

    Kruno Kopp

  8. Christoph Kappes schreibt:

    In Bezug auf TwitPic habe ich hier http://ckappes.posterous.com/twitpic-for-dummies erörtert, warum die Übertragung der Nutzungsrechte unproblematisch ist, weil sie an einen bestimmten Rahmen gekoppelt ist, den wohl alle deutschen Juristen überlesen.
    Alle Nutzungen sind an den Dienst gebunden (es sei denn, es handelt sich um Werbung für den Dienst.)
    PS: Diese Interpretation ist auch nicht „fernliegend“, wie Sie schreiben. TwitPics Geschäftsmodell ist Werbung, und der Gründer verdient mindestens eine Million USD im Jahr damit. Die Weitergabe von Nutzungsrechten gefährdet das Geschäftsamodell, da der Wechsel zu anderen Diensten wie yfrog ohne weiteres möglich ist und alle diese Dienste ähnlich sind.

    • Social Media Recht schreibt:

      Hallo Herr Kappes,

      vielen Dank für Ihren Beitrag und den Verweis auf Ihren ausführlichen Artikel.

      Recht haben Sie damit, dass die Angelegenheit bei SPON stark verkürzt dargestellt ist – aber das haben allgemeine Medien nun leider zwingend an sich. Ich will gar nicht wissen, was an bspw. volkswirtschaftlichem verkürztem „Unsinn“ geschrieben wird, den ich bloß nie erkenne, da ich diesbezüglich „Laie“ bin.Allerdings verhält es sich nicht so, dass alle deutschen Juristen schlicht die Beschränkung „überlesen“ und damit allesamt verkennen, wie unproblematisch die Klausel in den twitpic AGB doch ist: Problematisch an der nun vorliegenden Klausel ist schon, dass eben eine unentgeltliche, weiter-lizensierbare Rechteübertragung bei Upload stattfindet und dass die vermeintliche Begrenzung des Nutzungsumfangs von Twitpic auf dessen „Services, Affiliates und Business“ im konkreten Ergebnis herzlich unbestimmt ist. Wie die Kollegen auf Spreerecht zu Recht schreiben , (s. mein Verweis oben, http://bit.ly/lbbRza) „beeinträchtigt diese Klausel die Nutzer des Dienstes unangemessen, weil sie intransparent und mit dem Prinzip des Urheberrechts unvereinbar ist, wonach dem Urheber eine angemessene wirtschaftliche Beteiligung an seinen Werken zugesichert wird (§§ 11, 32 UrhG).“

      Sicher braucht Twitpic das Recht zur Weiterübertragung naturgemäß schon teilweise deswegen, um seinen eigenen Service überhaupt zu erfüllen. Aber braucht Twitpic bspw. das Recht, unentgeltlich Werbung mit den Bildern betreiben zu können? Nein. Braucht es nicht. Angegriffen werden muss – wenigstens – die Intransparenz der Klausel. Es ist dem Nutzer überhaupt nicht klar, wie weitreichend letztlich seine Rechte übertragen werden und ja, twitpic wird mit dieser Klausel das Recht eingeräumt, die Nutzungsrechte weiterzuübertragen. Einzig der Umfang von dieser Rechteübertragung an Dritte ist unklar. Schließlich sind die Begriffe – wie Sie selbst schreiben – sehr unbestimmt und mit weiten Interpretationsmöglichkeiten ausgestattet. Was ist ein „Business“ von Twitpic und seinen „Successors“ und „Affiliates“? Das kann in der Gesamtschau nahezu alles sein. Auch ein Marketing-Vertrag mit Coca-Cola. Mal so gefragt: Würden Sie es toll – und ihre Rechte nicht verletzend finden -, wenn ein Foto, dessen Urheber Sie sind, auf jedem Plakat der Stadt im Zusammenhang mit einer Cola-Werbung zu sehen wäre? Nach der derzeitigen Klausel durchaus im Bereich des Möglichen. Aber selbst wenn es „nur“ eine weltweite twitpic-Kampagne mit dem von Ihnen gemachten Foto wäre, würde das wohl nicht zu Jubelstürmen führen, oder? Ich hätte jedenfalls dringend etwas gegen diese kostenlose Nutzung meines geistigen Eigentums in diesem Umfang!

      Davon abgesehen, dass die Klausel nach deutschem Recht also ohnehin unwirksam ist (ja, das kann in Deutschland und für deutsche Nutzer relevant sein, auch wenn twitpic ein amerikanischen Unternehmen ist), bin ich der festen Auffassung, dass die Abänderung der Klausel bei twitpic nicht ohne Grund erfolgte. Naturgemäß soll – ebenso wie bei Twitter und auch Facebook – eine möglichst breite Zweitverwertung des Contents ermöglicht werden. Wenn nicht heute, dann morgen – wenn der User letztlich daran gewöhnt ist (hoffentlich kommt das nie!). Ich würde mir wünschen, dass Sie mit Ihrer Einschätzung, dass „zum Schutz des eigenen Geschäftsmodells“ Twitpic weiten Abstand von der Zweitverwertung seines UGC nimmt, Recht haben. Doch glauben kann ich es nicht. Weder Facebook, noch Twitter lassen sich „nur so“ vollumfängliche Rechte an dem Content Ihrer User einräumen. Facebook hat mit dem Verkauf dieser über die „Sponsered Stories“ schon angefangen… (s.a.: Facebook: Introducing sponsered Stories, http://bit.ly/ehBT1k und Facebook „Sponsered Stories“ – Kann ich das als Agentur empfehlen? http://bit.ly/hTNghI). Der regulierende Wettbewerb ist eine tolle Idee. Jedenfalls bei Facebook und Twitter sehe ich auf Sicht keine relevanten Wettbewerber. Bei twitpic kann ich das zu wenig beurteilen, ich kenne die Zahlen nicht.

      So lautet meines Erachtens die Frage:

      Where are we really going to?

      Beste Grüße
      ND

      • Christoph Kappes schreibt:

        Hallo Frau Diercks,

        was „Service“ ist, erschliesst sich daraus, dass das Geschäftsmodell von TwitPic „Software as a Service“ ist. Gemeint ist der ONLINE-Dienst und nur dieser – und daher müssen alle Nutzungen mit diesem Dienst verbunden sein. Diese Klausel ist bei SaaS-Verträgen normal, der Dienst braucht die Nutzungsrechte zur bestimmungsgemäßen Weiterverarbeitung in anderen Webdiensten, an die er Inhalte per API weitergibt.
        Was meinen Sie, wie denn die Nutzungsrechte zur Darstellung Ihres Bildes sonst auf mein Handy kommen, wenn Sie ein Bild mit TwitpIc aufgenommen haben?

      • Social Media Recht schreibt:

        Hallo Herr Kappes,

        ich habe doch gar nicht bezweifelt, dass „Service“ an sich eingrenzbar ist und habe doch geschrieben, dass twitpic zur Nutzung/Bereitstellung seines Dienstes selbstverständlich insoweit die Übertragung der Nutzungsrechte benötigt (Vielleicht in der Eile überlesen? Der Kommentar kam ja postwendend? ;-) ) Und klar, aus diesem Grund, sind insoweit die Einräumung von Nutzungsrechten gang und gäbe, da zwingend notwendig.

        Problematisch ist und bleibt die darüber hinausgehende Rechteeinräumung, die hier einfach unbestimmt bleibt. So jedenfalls meine und die Auffassung doch so einiger Kollegen.

        Feine Grüße & einen schönen Sonntag!

  9. Christina Lauer schreibt:

    Sehr geehrte Frau Dierks,
    zunächst einmal herzlichen Dank für diesen äußerst interessanten Blogeintrag über die Urheberrechtssituation bei Twitter.
    Mir stellte sich vor kurzem die Frage, ob man denn als Twitternutzer auch Nutzungsrechte für sein Profilbild überträgt. Konkret geht es darum, ob es erlaubt ist, bei einer Bildagentur gekaufte Bilder als Profilbild zu verwenden. Hier erwirbt man ja meist nur eingeschränkte Nutzungsrechte.
    Dass dies bei Facebook nicht unproblematisch ist, ist mir bewusst, aber wissen Sie, wie Twitter damit umgeht?
    Herzliche Grüße
    Christina Lauer

    • Social Media Recht schreibt:

      Sehr geehrte Frau Lauer,

      zunächst einmal herzlichen Dank für Ihren Kommentar! Ihre Rechtsfrage muss ich an dieser Stelle wie folgt beantworten: Sowohl in meinem Blog als auch in Gastbeiträgen wie bspw. bei http://hrinside.de oder auf http://www.karrierebibel.de stelle ich – sehr gerne – etliche Informationen unentgeltlich zur Verfügung. Allerdings bin ich auch Rechtsanwältin, die mit der Beratung in dem Bereich des Social Media Rechts und damit mit der Beantwortung von Fragen wie der Ihren ihr Einkommen bestreitet. Und abgesehen davon, dass berufsrechtliche Regelungen einer konkreten kostenlosen Rechtsberatung entgegenstehen, bitte ich deswegen um Verständnis, dass ich derartige spezifische Fragestellungen nicht einfach ohne konkreten Beratungsauftrag beantworten kann.

      Mit herzlichen Grüßen
      Nina Diercks

  10. Eine Marke kann im Zweifel aus zwei Zeichen („3M“) bestehen und erreicht damit nachweislich eine ausreichende Schöpfungshöhe.
    Wenngleich das nicht die Masse an Tweets betrifft, sollte damit die Frage, ob eine ausreichende Schöpfungshöhe mit 140 Twitter-Zeichen gewährleistet ist, beantwortet sein.

  11. Mirco schreibt:

    Ich bin grade über Twitter auf diesen Beitrag hier gestoßen. Hätte man vielleicht interesse daran, diesen Beitrag auch auf unserem Twitter-Portal zu veröffentlichen? Über eine Antwort würde ich mich freuen.

    Gruß

    Mirco

  12. Fair Use?

    Während ich wenig Problem sehe, auch Äußerungen von nur 140 Zeichen Länge einen Urheberschutz zuzusprechen – nicht jeder, wohlgemerkt, aber doch einigen mit entsprechender schöpferischer Höhe – stellt sich mir die Frage: kann ich auf Grund der Kürze jederzeit den vollen Tweet im Sinne von Fair Use zitieren? Ich denke schon, da es kaum eine Möglichkeit gibt, das in einem Tweet Gesagte noch kürzer und prägnanter darzustellen. Andere Meinungen?

    • Social Media Recht schreibt:

      Vielen Dank für Ihren Kommentar. Allerdings ist Ihre Annahme falsch. Es gib im deutschen Urheberrecht kein „fair Use“. Zitieren dürfen Sie. Aber ein korrektes Zitat hat auch wieder eigene Voraussetzungen, s. causa Guttenberg.

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